Das neue iOS sieht aus wie das alte: iOS 9 unterscheidet sich optisch kaum vom Vorgänger iOS 8 – und doch bietet die kommende Mobilbetriebssystemgeneration allerhand zusätzliche Extras und Detailverbesserungen. Apple hat dem Kernsystem und den vorinstallieren Apps Feinschliff und praktische Zusätze spendiert. Insbesondere oft genutzte Funktionen wie Mitteilungen, Nachrichten, Multitasking, Fotos, Spotlight und das Teilen von Informationen wurden optimiert. Eine Umgewöhnung in der Bedienung ist beim Umstieg auf das voraussichtlich im September erscheinende iOS 9 nicht zu befürchten.

iOS 9 läuft auf dem iPhone 6/6 Plus, 5s, 5c, 5, 4s und dem iPod touch 5. Generation sowie auf dem iPad Air/Air 2, iPad 2/3/4 sowie iPad mini, mini 2 und mini 3.

Längere Akkulaufzeit dank iPhone-Energiesparmodus

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Eine in der Praxis besonders relevante Neuerung in iOS 9 ist der iPhone-Energiesparmodus. Er soll eine um bis zu drei Stunden längere iPhone-Nutzungsdauer abseits einer Steckdose ermöglichen. Der Trick dabei: Ist der Energiesparmodus aktiv, schaltet iOS einige energiezehrende Hintergrundfunktionen aus. Beispielsweise werden keine neuen Mails mehr abgerufen und Apps laden im Hintergrund keine Daten mehr hoch oder runter. Zusätzliche Stromeinsparungen bringen das Drosseln der Rechenleistung und das Reduzieren des Netzwerkzugriffs. Gut: Der Energiesparmodus lässt sich vom Nutzer bei Bedarf leicht ein- und auch wieder ausschalten.

iOS 9 soll nicht nur Strom sparen, sondern auch Speicherplatz. Dafür sorgt laut Apple eine neue Technik namens „App Slicing“, durch die nur die für das jeweilige iPhone- und iPad-Modell wirklich benötigten App-Bestandteile auf dem iOS-Gerät gespeichert werden. Davon sollen vor allem iPhones und iPads mit 8 oder 16 GB Speicherausstattung profitieren.

ios9news_tuning So funktioniert’s: Wie bislang werden Universal-Apps auch in iOS 9 zunächst vollständig aufs iPhone oder iPad geladen. Bei der Installation werden dann allerdings – neu in iOS 9 – sämtliche Grafikelemente und weitere App-Bestandteile aussortiert und gelöscht, die für das jeweilige Gerät gar nicht erforderlich sind. Außerdem können Apps, um Speicherplatz zu sparen, in iOS 9 erstmals App-Teile erst dann live aus dem Netz nachladen, wenn diese bei der Ausführung benötigt werden (On-Demand-Ressourcen).

iOS 9 lernt bei der Nutzung dazu

Proaktive Hilfestellung“ ist eine wichtige Neuerung in iOS 9. Durch diese Technik lernt iOS 9 vom Nutzer und bietet ihm kontextbezogen etwa bessere Suchergebnisse oder Vorschläge an. Die proaktiven Funktionen zeigen etwa gerade wichtige Infos an oder schlagen zu einem bestimmten Zeitpunkt Aktionen vor – noch bevor man mit der Eingabe beginnt. Basierend auf Ihrem Nutzungsverhalten werden automatisch Apps zum Ausführen oder Kontakte vorgeschlagen und man wird unter Berücksichtigung der aktuellen Verkehrslage daran erinnert, wann man zu einem Termin aufbrechen muss. iOS 9 lernt ferner, welche Musik man üblicherweise an einem bestimmten Ort oder zu einer bestimmten Tageszeit hört, wenn man also den Kopfhörer im Büro einsteckt oder vor der Arbeit ins Auto einsteigt, kann es Buttons für die Wiedergabe in Ihrer bevorzugten App automatisch anzeigen. Eingegebene Suchanfragen liefern laut Apple relevantere Ergebnisse aus den verschiedenen Kategorien, darunter Sportspielstände und Termine, Videos und sogar einfache mathematische Berechnungen.

Unter Datenschutzaspekten sind solche proaktive Hilfestellungen ganz klar problematisch. Immerhin: Apple verspricht, keine Nutzerprofile systematisch auszuwerten oder weiterzugeben. Bleibt abzuwarten, wie Apple das umsetzt.

Kluges iOS 9: Die proaktiven Funktionen zeigen etwa gerade wichtige Infos an oder schlagen zu einem bestimmten Zeitpunkt Aktionen sowie Suchergebnisse vor, bevor man mit der Eingabe beginnt.

Kluges iOS 9: Die proaktiven Funktionen zeigen etwa gerade wichtige Infos an oder schlagen zu einem bestimmten Zeitpunkt Aktionen sowie Suchergebnisse vor, bevor man mit der Eingabe beginnt.

Zwei Apps mit Split View, Slide Over und Picture-in-Picture

Auf das iPad beschränkt ist die neue Dual-App-Darstellung: Mit einem einfachen Wisch ermöglicht die Slide-Over-Funktion das gleichzeitige Arbeiten in einer zweiten App, ohne die erste verlassen zu müssen. Und mit einem Fingerwisch kann man auf die neue Split-View-Funktion zugreifen, so dass man in beiden Apps gleichzeitig arbeiten kann. Picture-in-Picture ermöglicht die Weiterführung eines FaceTime-Telefonats oder -Videos, während man eine andere App nutzt. Diese neuen Multitasking-Funktionen werden von den vorinstallierten Apps unterstützt, bei anderen Apps funktioniert es nur nach entsprechender Anpassung durch die Entwickler. Das Schreiben wird mit einer neuen Shortcut-Leiste schneller und einfacher, welche maßgeschneiderte Aktionen für die App anzeigt, die gerade läuft, und neue Multi-Touch-Gesten machen es einfacher, Text auszuwählen und zu bearbeiten.

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Apps parallel nutzen:  Mit einem einfachen Wisch ermöglicht die Slide-Over-Funktion das gleichzeitige Arbeiten in einer zweiten App, ohne die erste verlassen zu müssen.

Rundum neu gestaltete Notizen-App

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Runderneuerte Notizen-App: Nun lassen sich neben Text auch mit dem Finger oder Stift geschriebene Skizzen, Fotos und Checklisten einfügen.

Die Notizen-App in iOS 8 war bislang eine der am einfachsten gestrickten Apple-Apps überhaupt – Komfortfunktionen Fehlanzeige, Praxistauglichkeit akzeptabel. Apple hat die Notizen-App in iOS 9 runderneuert und um viele Funktionen zur Erfassung von Informationen und Ideen erweitert. So kann der Nutzer neben getippten oder gesprochenen Texteingaben Skizzen oder handgeschriebene Notizen unter Verwendung des Fingers oder eines Eingabestifts zeichnen. Neu ist auch das schnelle Erstellen von Checklisten für Einkäufe oder zu erledigenden Dinge, um den Überblick über die eigenen ToDos zu behalten. Notizen lassen sich nun besser formatieren und leicht mit Fotos anreichern. Wichtige Elemente lassen sich in den eigenen Notizen direkt aus anderen Apps speichern und über alle iOS-Geräte via iCloud synchron halten.

News-App als Nachrichten-Ticker

Mit der News-App kommt in iOS 9 eine vorinstallierte Nachrichtenticker- und Magazin-App im Stil von Flipboard aufs iPhone und iPad. Sie zeigt personalisierte Nachrichtenthemen im Magazin-Stil an und liefert die populärsten Artikel aus einer Vielzahl von Nachrichtenquellen und mehr als einer Million Themen. Die News-App schlägt nach einmaliger Auswahl eigener Interessensgebiete wie „Politik“, „Sport“ oder „Wirtschaft“ relevante Inhalte vor, die leicht mit Bekannten geteilt oder fürs spätere Lesen gespeichert werden können.

Öffi-Navigation mit der Karten-App

Die vorinstallierte Karten-App in iOS 9 beherrscht nun auch die Navigation im öffentlichen Nahverkehr von großen Städten. In iOS 9 kennt Karten die entsprechenden Fahrpläne, außerdem werden U-Bahn-Ein- und Ausgänge grafisch abgebildet, so dass jeder Schritt der Reise unterstützt wird. Bei der Reiseplanung kann Karten eine Kombination von Zügen, U-Bahnen, Bussen und Fußwegen bieten, und die neue Nearby-Funktion liefert einen schnellen Überblick auf der Suche nach Essen, Trinken, Einkaufsmöglichkeiten und so weiter.

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Aufgebohrte Karten-App: Neben der Auto- und Fußgängernavigation beherrscht Apples Karten-App nun auch die Navigation mit Bussen und Bahnen.

Werbeblocker-Erweiterungen für Safari kommen

Seit iOS 8 beherrscht Apples Mobilbetriebssystem Erweiterungen, über die sich etwa Bilder aus der Dropbox- oder der Foto-App zur Bearbeitung in eine andere App übergeben lassen. Das Ergebnis der Bearbeitung steht dann wieder in der ursprünglichen App zur Verfügung – ein umständliches Hin- und Herkopieren entfällt dadurch. Mit iOS 9 halten Erweiterungen erstmalig auch im Safari-Browser Einzug, etwa um Werbung und andere unerwünschten Inhalte wie Cookies oder große Bilder auszublenden. Entwickler von Apps können dazu über eine spezielle Blocker-Steuerdatei für „Content Blocking Safari Extensions“ sämtliche Inhalte spezifizieren, die Safari künftig nicht mehr anzeigen soll.

Echte 64-Bit-Apps kommen

Bislang waren Entwickler von Apps gezwungen, ihre Anwendungen stets so zu erstellen, dass sie auch auf älteren iPhone- und iPad-Modellen wie dem iPhone 4s oder dem iPad mini lauffähig sind. Mit iOS 9 gestattet Apple Entwicklern nun das Erstellen reinrassiger 64-Bit-Apps, die ausschließlich auf die neueste iOS-Gerätegeneration zugeschnitten sind. So sollen Entwickler die Hardware-Ressourcen der Geräte mit 64-Bit-Prozessor ab dem A7-Chip optimal ausnutzen können, etwa um Spiele oder grafische aufwendige Apps zu beschleunigen. Auf älteren Geräten laufen diese Apps ohnehin oft nicht zufriedenstellend. Im Klartext bedeutet dies: Künftig gibt es im App Store reine 64-Bit-Apps, die zwar auf dem iPhone 5s und neuer sowie iPad Air und neuer laufen, aber alle älteren Gerätegenerationen wie das 5/5c, iPad 2 bis 4 sowie das iPad mini ausklammern.

Was sich mit iOS 9 sonst noch ändert

Apple verpasst iOS 9 eine neue Systemschrift namens „San Francisco“. Der serifenlose Font kommt bereits auf der Apple Watch zum Einsatz und läuft im Vergleich zur bisherigen iOS-Standardschrift „Helvetica“ etwas schmaler. Dadurch sollen bei ähnlich guter Lesbarkeit mehr Informationen auf gleicher Fläche darstellbar sein.

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Mehr Sicherheit: Der Passcode in iOS 9 für das iPhone oder iPad ist ab sofort sechs statt vier Stellen lang.

Eine überaus praktische Neuerung betrifft die Bildschirmtastatur: Künftig werden Buchstaben abhängig vom Zustand der Großschreibtaste auch in Groß- und Kleinschreibweise angezeigt. So kann der Nutzer besser erkennen, ob er gerade kleingeschriebene oder großgeschriebene Buchstaben eingibt.

Die beiden bislang optional von Apple angebotenen Apps „Mein iPhone suchen“ und „Freunde finden“ sind ab iOS 9 fester Bestandteil von Apples Mobilbetriebssystem. Sie lassen sich daher nicht mehr vom Anwender löschen.

Weitere Verbesserungen betreffen die Spotlight-Suche, die nun auch direkt in Apps hinein verlinken kann, drahtloses CarPlay, erweiterte Datenpunkte in HealthKit sowie neue Funktionen zur Steuerung von Rollläden mit Motorantrieb, Bewegungssensoren und Alarmanlagen. Das Passcode, also das iOS-Sperrpasswort, kann künftig sechs statt vier Stellen lang sein.  Mit der Install-Later-Funktion kann man Updates auf dem Gerät durchführen, wenn es nicht in Gebrauch ist. Bei der Installation kann iOS 9 nun automatisch Daten von Android-Smartphones übernehmen. Und: Die Passport-App heißt künftig „Wallet“.

Nettes Detail für Paare, die sich nach einer Schwangerschaft sehnen oder eine ebensolche verhindern wollen: Die Heath-App bietet in iOS 9 auch einen Zykluskalender, mit dem sich der Menstruationsverlauf checken lässt.