Videospiele haben eine lange Tradition. Jahrzehnte bevor an den Begriff Esport auch nur gedacht wurde oder PCs ihren Siegeszug antraten, maßen sich 1972 zehn Studenten an der Stanford Universität im kalifornischen Palo Alto bei den „Intergalactic Spacewar Olympics“. Die „Spacewar-Olympiade“ vor fast 50 Jahren gilt als erstes offizielles Computerspielturnier. Zu gewinnen gab es Freibier und ein Abonnement der Zeitschrift Rolling Stone, die das Turnier ausrichtete. Wie haben Smartphones den Erfolg von Esport vorangetrieben?
Acht Jahre später wechselten die ersten Videospielmeisterschaften vom Spielautomaten zu Heimkonsolen und Fernsehern über. Die erste Atari-Landesmeisterschaft in „Space Invaders“ lockte 1980 in fünf Regionalausscheidungen in den USA rund 10.000 Gamer an. Für den ersten Preis gab es einen Atari-Spielautomaten, der die Ausmaße eines Kühlschranks besaß. Als zweiten Preis gab es einen Atari-Heimcomputer. Siegerin wurde die erst 17 Jahre alte Hobbyprogrammiererin und Bastlerin Rebecca Heinemann, die daraufhin von Atari als Entwicklerin eingestellt wurde.
Seit damals hat die Videogamebranche so manchen Umschwung erlebt. Erst ging es raus aus den Arkaden und rein in die Stuben. Kunterbunte, fröhliche Spiele wie Nintendos Dauerbrenner „Super Mario“ und Segas „Sonic the Hedgehog“ verdrängten die düsteren Weltraumspiele, bei denen es überwiegend um Invasionen ging, von den Spitzenplätzen.
Mit den Spielen und deren Verfügbarkeit auf den ersten Konsolen für den Heimgebrauch ändert sich langsam, aber sicher auch die Demographie. Während in den Anfangszeiten das Daddeln auf der Konsole oder am PC als Domäne von halbwüchsigen Jungs oder jungen Männern galt, sind inzwischen fast die Hälfte der rund 34 Millionen Gamer in Deutschland weiblich. Zudem werden die Zocker immer älter. Mit rund 17 Prozent ist die Gruppe der 50 bis 59 Jahre alten Gamer die größte, gefolgt von den 10- bis 19-Jährigen und den 30- bis 39-Jährigen mit jeweils 16 Prozent. Nur knapp dahinter liegt mit 15 Prozent die mit den ersten Arkadenspielen aufgewachsene Altersgruppe 60 plus.
Ein entscheidender Faktor für all diese Veränderungen ist das Smartphone. Wer noch vor einem Jahrzehnt in eine Spielekonsole investieren oder seinen PC zum Gamen nutzen musste, kann mittlerweile die meisten Games auch auf seinem Handy zocken. Schnelles Internet, hohe Auflösungen, größer werdende Displays und speziell fürs Smartphone entwickelte Spieleapps machen das Gaming überall einfach. Hinzu kommt die Ortsunabhängigkeit. Statt an die eigenen vier Wände gebunden zu sein, kann auf dem kleinen Alleskönner überall zwischendurch gezockt werden. Wer nicht selbst zocken, sondern statt dessen auf Esport wetten oder bei Turnieren zugucken möchte, kann dies ebenfalls auf dem Handy tun. Eigens aufs Gaming aller Art ist die Streaming-Plattform Twitch spezialisiert, auf der Turniere aus aller Welt zu sehen sind.
Mit einem Marktanteil von sechs Prozent des Publikums liegt Deutschland dabei auf Nummer zwei, was die Liste der Länder mit den meisten Zuschauern betrifft. Außer dem Angucken von zum Teil mit Millionen Dollar dotierten Esport-Meisterschaften stehen dabei auch Kanäle mit Tutorials hoch im Kurs. Erfolgreiche Spieler führen dabei live ihre Künste vor, beantworten Fragen, analysieren Spielzüge und verraten Tipps und Kniffe fürs erfolgreiche Gaming.
Dabei ist es hilfreich, dass die populärsten Videospiele im Esport inzwischen einige Jahre auf dem Buckel haben, so dass die virtuellen Athleten ihre Fähigkeiten langfristig trainieren können.
Das Multiplayer-Online-Battle-Arena Game „Dota2“, das zwischendurch auf Spitzenwerte von 30 Millionen aktiven Spielern gekommen ist und teilweise von bis zu 830.000 Menschen gleichzeitig gedaddelt wird, steht seit seiner Erscheinung 2013 ganz oben auf der Beliebtheitsskala. Zwei Teams mit je fünf Spielern treten dabei gegeneiander an. Jeder Spieler kontrolliert einen Helden, aber ohne Zusammenarbeit innerhalb des Teams ist ein Sieg unmöglich.
„Dota2“-Meisterschaften gehören mittlerweile zu den Höhepunkten im Gamer-Kalender. Das liegt auch an den Preisgeldern, die dabei auf nationaler und internationaler Ebene zu holen sind. Der deutsche „Dota2“-Profi Kuro „KuroKy“ Takhasomi gewann 2017 das Saisonfinale „The International“ mit seinem Team. „KuroKy“ und seine Mitzocker wurden dadurch auf einen Schlag um fast elf Millionen US Dollar reicher.
Um Preisfeld von einer Million US Dollar ging es bei den jüngsten Meisterschaften in „Counter Strike – Global Offensive“. Bei diesem taktischen Shooter treten ebenfalls zwei Fünferteams gegeneinander an, und auch hier geht es um Teamarbeit, wenn die in Terroristen und eine Anti-Terroreinheit unterteilten Gamer überleben wollen.
Ein weiterer Klassiker unter den Esport-Games, die es längst zu eigenen, lukrativen Meisterschaften gebracht haben, ist „League of Legends“. Nur zwei Jahre nach dem Start 2009 wurde die erste Weltmeisterschaft in dem Esport-Kultspiel ausgetragen.
Speziell fürs iPhone entwickelte Varianten dieser Spiele sind vor allem zum Üben zwischendurch beliebt, während für das nächtelange Zocken der meisten Multiplayer-Games Konsolen und PC noch immer die Spitzenreiter sind.
Insgesamt aber haben die Smartphones den größeren Geräten längst den Rang abgelaufen. Handys sind mittlerweile seit mehreren Jahren in Deutschland die beliebteste Plattform, wenn es ums Gaming geht. Das gilt für schnelle Spiele wie „Candy Crush“ und „Angry Birds“ genauso wie für die aufwändigen Esport-Games, die jedes bisschen Reaktionsfähigkeit fordern. Die Zeiten, als Handy-Gamer prinzipiell Einzelkämpfer waren, sind ebenfalls vorbei. Inzwischen sind immer mehr App-Games darauf eingerichtet, mit Freunden gezockt zu werden.
Sich stetig ändernde Rahmenbedingungen und Weiterentwicklungen bei den Spielen selbst halten die alten Fans bei der Stange und gewinnen immer neue Nutzer dazu. Auch Rebecca Heinemann hat die Faszination nie losgelassen. Seit ihrem Sieg in „Space Invaders“ 1980 ist sie der Gamingbranche treu geblieben. Als Mitbegründerin des Entwicklungsstudios Interplay gehört sie zu den Größen im Hintergrund und Pionieren im Esport, auch wenn dieser Begriff deutlich jüngeren Datums als das Hobby ist.
Fotoquelle: Pixabay