Die Apple Watch polarisiert: Ist sie Armbanduhr, Schmuckstück, Kommunikator, Fitnessgerät, Mode-Accessoire, Nerd-Gadget oder einfach nur überflüssig? In erster Linie ist die Uhr zunächst ein vielversprechendes Zubehör fürs iPhone, an das sie fest gebunden ist. Statusinfos empfangen, Meldungen anzeigen, Freisprechen, den Puls aufzeichnen, beim Sport motivieren und so weiter – das alles kennt man auch von anderen Smartwatches. Die Apple Watch ist da.

Größen: Das Display der Sportausführung misst 38 Millimeter, das des Herrenmodels 42 Millimeter in der Diagonale. (Foto: Apple)
Apple hat jedoch nachhaltig am Bedien- und App-Konzept gefeilt und die Uhr mit dem iPhone zu einem gemeinsamen Mikrokosmos verschmolzen. Dadurch ergeben sich vielversprechende Nutzungsmöglichkeiten im Alltag, sobald entsprechende Apps verfügbar sind. Überaus praktisch ist die Uhr auch in Verbindung mit dem Bezahldienst Apple Pay.
Das günstigste Modell ist die Apple Watch Sport in 38 mm Größe zum Preis von 399 Euro, für das 42 mm große Herrenmodell sind 449 Euro fällig. Die Apple Watch ohne Namenszusatz mit Edelstahlgehäuse in Herrengröße kostet mit Plastiksportarmband 699 Euro und 799 Euro in Leder- oder Edelstahlarmbandausführung.
Die Apple Watch-Modelle
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Hält er oder hält er nicht
„18 Stunden bei normaler Nutzung“ lautet Apples Akku-Versprechen. Egal wie man diesen Wert letztendlich in Display-Aktivierungen durch Armheben, Musikhören über Bluetooth, App-Nutzung oder Jogging seziert: 18 Stunden sind wenig. Sicher hätte Apple-CEO Tim Cook gerne eine längere Akku-Laufzeit zugesichert, doch derzeit hinkt die Akku-Technik Apples Wünschen einfach noch hinterher. Die Nutzungsdauer ist damit die größte Schwäche der Apple Watch und vielleicht die einzige, die im täglichen Gebrauch richtig nerven kann. Je intensiver man sich mit der Uhr beschäftigt und je mehr Apps man benutzt, desto früher macht sie schlapp. Der Ladevorgang erfolgt mittels induktiver Ladung über eine Art MagSafe. Freiliegende Kontakte für das Kabel gibt es bei der Apple Watch nicht. Zum Aufladen wird der Magnetkonnektor in die Nähe der Rückseite gebracht, Magnetkraft setzt ihn dann automatisch richtig auf den Uhrenrücken und hält ihn dort fest.
Apple Watch — Guided Tour: Welcome
Frisches Bedienkonzept
In puncto Uhrbedienung schneidet Apple alte Zöpfe ab und ergänzt das Touchscreen-Display, das neben Tippern auch Berührungen erkennt, um ein kleines Funktionsdrehrad an der Seite, die Krone. Dahinter steckt die Idee, dass während des Drehens und Drückens des Rads das Display sichtbar bleibt und nichts verdeckt wird. Über die Krone navigiert man durch die Menüs, zoomt in Bilder und Landkarten und springt nach einem Drücker ins Hauptmenü zurück. Über den Taster unter der Krone wird die Schnellwahl Ihrer Kontakte aufgerufen. Konfiguriert wird die Uhr vom iPhone aus über eine Einstellungs-App. Ein stärkerer Druck auf den Touchscreen („force press“) öffnet zahlreiche Optionen für das Ziffernblatt.
Die Taptic Engine der Apple Watch ermöglicht ein Tippen der Uhr auf das Handgelenk des Nutzers, beispielsweise um den Träger an einen Termin zu erinnern oder ihm eine Richtung zu signalisieren. Wasserdicht ist die Apple Watch nur begrenzt. Ein paar Tropfen Spritzwasser schaden ihr nicht, eintauchen sollte man sie allerdings nicht.

Auf dem miniaturisierten S1-Prozessormodul sitzt ein Dualband-Chip von Broadcom für Wi-Fi 802.11n sowie Bluetooth 4.0.
Innere Werte
Apples Zulieferern zufolge ist die Uhr mit 512 MB Arbeitsspeicher ausgestattet, zum Speichern von Betriebssystem und Daten stehen je nach Modell 4 oder 8 GB zur Verfügung. Bei WLAN und Bluetooth setzt Apple auf einen alten Bekannten und verbaut eine wohl abgespeckte Version des Funkchips aus dem iPhone 5s. Interessantes Detail: An sich beherrscht dieser Chip auch GPS, laut Apple greift die Apple Watch zur Positionsbestimmung jedoch immer auf die Ortungsdienste im iPhone zu. Was die Technik des verbauten Apple-S1-Prozessors betrifft, hält sich Apple bislang bedeckt.
Apple Watch — Guided Tour: Messages
Apps
Dank WatchKit können Software-Entwickler ihre Apps leicht um Funktionen für die Apple Watch erweitern. Davon hat beispielsweise Facebook Gebrauch gemacht, um Mitteilungen an die Uhr am Handgelenk zu pushen. Zum Starttermin der Uhr stehen daher bereits zahlreiche Apps zur Verfügung. Eine ganze Reihe von Apps sind auf der Uhr schon vorinstalliert, darunter Mail, Telefon, Kalender, Nachrichten, Siri, Musik, Wecker, Stoppuhr, Timer, Fotos, Wetter, Aktien, Weltuhr, Passbook und Karten. Außerdem gibt es neue Apps wie Activity, Workout zum Protokollieren sportlicher Aktivitäten und eine Kamerafernbedienung, die das Sucherbild der iPhone-Kamera zur Uhr überträgt. Installieren lassen sich Apps vom iPhone aus. Die dafür nötige App wurde mit dem Update auf iOS 8.2 automatisch auf dem iPhone eingerichtet.

Zum Starttermin der Apple Watch stehen bereits zahlreiche Apps zur Verfügung. Eine ganze Reihe sind auf der Uhr schon vorinstalliert. (Foto: Apple)
Bei der Uhrzeitanzeige hat sich Apple große Mühe mit einstellbaren Zifferblättern, Zeigern, Sonnenaufgang und -untergang und so weiter gemacht. Allerdings ist die banale Anzeige der Uhrzeit unserer Ansicht nach eine Funktion, die die Apple Watch nicht so gut beherrscht, schließlich ist das Display bei seitlichem Draufblicken ohne vorherige Armbewegung deaktiviert.
Apple Watch — Guided Tour: Siri
Zubehör und Sensortechnik
Accessoires für die Uhr
Zahlreiche Hersteller hoffen auf das große Geschäft mit der Apple Watch und haben passendes Zubehör angekündigt. Vor allem Armbänder in allen Geschmacksrichtungen sowie Halterungen, um die Uhr während des Aufladens ansprechend zu präsentieren, stehen in den Startlöchern. Zudem dürften kurzfristig diverse Accessoires verfügbar sein, um die Uhrenmodelle optische zu pimpen, etwa durch Aufsätze, Sleeves oder Klebeschmuck. Einen positiven Eindruck hinterlässt der WatchStand von Griffin (30 Euro).
Im Kopf der Plastikladestation für den Nachttisch steckt Apples magnetischer Ladehalter, auf den die Uhr gelegt wird. Das Display bleibt dank geeignetem Winkel auch vom Bett aus sichtbar.
Herzfrequenzsensor
Bei den für den Einbau in die Bodenplatte der Uhr geplanten Sensoren musste Apple zurückstecken: Neben dem Herzfrequenzsensor war auch ein Blutzuckersensor angedacht, der ein herkömmliches Blutzuckermessgerät ersetzen sollte. Allerdings bietet bislang kein Zulieferer ein marktreifes Bauteil an. Durch die Zusammenarbeit mit Dexcom wird die Apple-Uhr Diabetiker dennoch unterstützen: Ein unter die Haut implantierter Mini-Sensor misst die entsprechenden Blutwerte und sendet sie zur Apple Watch. Der Pulssensor nutzt LEDs und Fotodioden, um die Herzfrequenz des Nutzers während Ruhephasen und bei körperlicher Betätigung zu erfassen.
[nextpage title=“So finden Sie das richtige Modell“]So finden Sie das richtige Modell
Drei äußerlich recht unterschiedliche Uhrenmodelle bietet Apple in jeweils 38 mm und 42 mm Größe an: eine Sportuhr mit Aluminiumgehäuse, das Metallmodell, das Apple als reguläres Modell ansieht, und eine goldene Schmuckuhr. Durch die Kombination verschiedener Armbänder stehen insgesamt 34 Modellvarianten zur Auswahl. Weil Apple die Armbänder auch einzeln verkauft, ergeben sich noch mehr Kombinationsmöglichkeiten.
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Akku-Frust Gerade mal einen knappen Tag hält der Akku durch. Das Nachfolgemodell dürfte da zulegen. |
Beste Connectivity Die Uhr ist DAS Zubehör zum iPhone und macht die iPhone-Nutzung noch komfortabler. |
Gehäusegröße Zwar wirkt die Uhr auf Fotos moderat groß, mit all der Technik an Bord ist sie schon ein Klotz. |
Hoher Bedienkomfort Die Apple Watch punktet mit einer genial eingängigen Fingerbedienung. |
Fraglicher Nutzen Sie können sich noch nicht vorstellen, wofür Sie die Uhr brauchen – dann warten Sie noch ab. |
Apps, Apps, Apps Durch das umfassende Angebot an Apps ergeben sich viele neue Einsatzmöglichkeiten. |
Datenschutz Niemand weiß genau, welche Gesundheitsdaten die Uhr ermittelt und wo sie gespeichert werden. |
Sportmotivator Die Uhr unterstützt Sie effektiv beim Trainieren, Abnehmen und Verbessern Ihrer Kondition. |
Die Technik im Inneren der Uhr ist stets dieselbe. Wer von Beginn an dabei sein möchte, geht mit dem günstigen Sportmodell kein Risiko ein. Beim Sport verspricht die Uhr ohnehin zunächst den größten Nutzen. Zwar sind Armband und Gehäuse nicht so elegant wie beim Metallmodell, dafür braucht man technisch auf nichts zu verzichten. Um herauszufinden, welche Watch am besten an Ihr Handgelenk passt, ist ein Besuch im nächsten Apple Store ratsam. Zudem bietet Apple mit dem „Apple Watch Sizing Guide“ ein PDFDokument an, das die Maße aller Uhren und Armbänder zeigt.
Apple Watch — Guided Tour: Musik
Fazit
Die Apple Watch ist gar keine Uhr, sondern ein multifunktionales Kommunikationsterminal. Nach Apples Willen soll es irgendwann auch den Platz an Ihrem Handgelenk ergattern. Die Uhr wird schon in Kürze bei alltäglichen Aufgaben assistieren, angefangen vom Ticketkauf über das Aufsperren des Hotelzimmers, Bezahlvorgänge bis hin zum Mieten eines Wagens oder Carsharing – überall genügt es, die Uhr hinzuhalten, schon wird der Vorgang abgeschlossen. Auf diesen Komfort möchte man schnell nicht mehr verzichten. Man erinnere sich: Beim ersten iPhone haben viele gelacht, kaum einer hatte ein Erfolgsprodukt mit Sogwirkung für eine ganze Branche gesehen.
Mit der Uhr macht Apple die Grätsche: Einerseits soll sie – vornehmlich das Modell Sport – Massenmärkte erobern und in millionenfacher Stückzahl über den Tresen gehen. Andererseits schafft Apple ein neues Statussymbol – das teuerste Modell kostet 18.000 Euro. Damit dürfte klar sein, dass Apple so etwas wie das Cartier der Technikindustrie geworden ist.